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Positionspapier VdW

Am 17.07. veröffentlichte der VdW Sachsen-Anhalt ein im wahrsten Sinne des Wortes brandaktuelles Positionspapier, in dem der Verbandsdirektor mit eindringlichen Worten die schwierige Situation der Wohnungswirtschaft beschreibt.

DAS DACH BRENNT LICHTERLOH!
Die kommunalen Wohnungsgesellschaften in Sachsen-Anhalt stehen vor den größten Herausforderungen der letzten 30 Jahre! Die Rahmenbedingungen haben sich in den letzten beiden Jahren stets verschlechtert: Rasant gestiegene Baukosten einherge-
hend mit Handwerker- und Fachkräftemangel, Preisexplosionen bei den Energiekosten, Fördermittelchaos der Bundesregierung, anhaltend hohe Inflation mit einem hohen Zinsanstieg in kürzester Zeit sowie eine völlig unnötige politische Diskussion um
Heizungsverbote und einer milliardenschweren Energiewende, die auf dem Rücken der Wohnungsunternehmen und der Mieter ausgetragen wird. Dies alles wird begleitet durch eine negative demografische Entwicklung, in der unsere Bevölkerung weiter
schrumpft und dabei ärmer und älter wird.


Es besteht dringlicher Handlungsbedarf in der Bundes- und Landespolitik!


1. ENERGIEWENDE – WAS HEISST DAS KONKRET FÜR DIE WOHNUNGSWIRTSCHAFT  UND IST BEZAHLBARES WOHNEN NOCH LEISTBAR?
Durch Investitionen in Milliardenhöhe hat die Wohnungswirtschaft bereits einen deutlichen Beitrag zur Reduzierung von Treibhausgasen im Gebäudebereich erbracht und den Wohnungsbestand energetisch ertüchtigt. Das politisch motivierte GEG – Gebäudeenergiegesetz soll die Unternehmen nun verpflichten, für den Tausch der
Heizungsanlagen rd. EUR 60 Mrd. zu investieren, ohne dass hierfür eine Finanzierung angeboten wird. Die Umlage dieser Investitionen würde eine Mieterhöhung von EUR 1,87/qm Wohnfläche ergeben und ist für die Mehrheit unserer Mieter nicht leistbar! Wir erwarten daher deutliche Korrekturen im Gesetzesentwurf!

2. ENERGIEPREISENTWICKLUNG FÜR GAS, STROM UND WÄRME
Die Energiepreisexplosion von bis zu 450 % in der Fernwärme hat die Liquidität der Unternehmen im Jahr 2022 stark strapaziert. Die Preisbremsen und die Maßnahmen der Bundesregierung haben diese Entwicklung 2023 zwar korrigiert, enden aber in diesem Jahr und es gibt Stand heute keine Lösung für die kommenden Jahre. Die Unternehmen kürzen daher ihre Investitionen und bevorraten Liquidität, um auf Zukunftsrisiken vorbereitet zu sein, was zu einem starken Einbruch der Aufträge für die Bauwirtschaft führen wird. Hier brauchen wir langfristige, finanzierbare und verlässliche Rahmenbedingungen!

3. DEMOGRAFIE, LEERSTAND UND LÄNDLICHER RAUM
Sachsen-Anhalt wird bis 2035 rd. 178.300 Einwohner verlieren und bereits heute stehen rd. 32.000 Wohnungen der organisierten Wohnungswirtschaft leer. Die Schaffung neuer Arbeitsplätze durch gute Ansiedlungspolitik und eine gezielte Zuwanderung wird diesen Trend nicht aufhalten. In den strukturschwachen Regionen im ländlichen Raum wird es zu weiter steigenden Leerständen kommen, denen nur durch Rückbau und Aufwertung der verbleibenden Wohnungsbestände begegnet werden kann. Nach unserer Überzeugung muss dieser Prozess durch ein neues Stadtumbauprogramm bis 2035 begleitet und mit Fördermitteln ausgestattet werden!

4. LANDESHAUSHALT/STÄDTEBAU- UND WOHNUNGSBAUFÖRDERUNG
Laut Statistik der Investitionsbank Sachsen-Anhalt wurden im Jahr 2022 in den 3 Programmen insgesamt 424 Wohnungen mit Darlehen und Zuschüssen von EUR 5,70 Mio. gefördert, das entspricht 0,14 % des Wohnungsbestandes! Mit Blick auf den Landeshaushalt von rd. EUR 13 Mrd. und den hohen Investitionsbedarf der Wohnungswirtschaft ist diese Förderung völlig inakzeptabel. Wir brauchen dringlich eine höhere Zuschussförderung in allen Programmen des Landes. In der Städtebauförderung bedarf es dringlich der durch die Bauministerkonferenz bereits im April 2022 beschlossenen Erhöhung auf EUR 1,50 Mrd. sowie einer verbindlichen Kofinanzierung durch das Land Sachsen-Anhalt. Die wohnungswirtschaftliche Komponente ist dabei zu erhöhen! Analog zu Mecklenburg-Vorpommern ist im FAG (Finanzausgleichsgesetz) eine Regelung zur Entlastung der kommunalen Wohnungsgesellschaften von den Altschulden des DDR-Wohnungsbaus zu finden!

5. WOHNUNGS- UND BAUPOLITIK DES BUNDES
Die einseitig auf den Neubau von 400.000 Wohnungen ausgerichtete Politik des Bundes zur Entlastung angespannter Wohnungsmärkte, mehrheitlich in Westdeutschland und Berlin, ist für Sachsen-Anhalt betrachtet realitätsfern und unsinnig! Wir brauchen eine auf den Wohnungsbestand ausgerichtete Förderung, die in der
Belegungs- und Mietpreisbindung auch ostdeutsche Belange aufgreift, Zuschüsse anstatt Zinssubvention und eine Vereinfachung in Antragstellung und Auszahlung!

6. KOMMUNALFINANZEN, DASEINSVORSORGE UND WOHNUNGSWIRTSCHAFT
Der Versorgungsauftrag, breite Schichten der Bevölkerung sozial verantwortlich mit Wohnraum zu versorgen, ist gefährdet. Gerade die kommunalen Gesellschaften engagieren sich in der Sozialbetreuung und Quartiersarbeit und sichern den gesellschaftlichen Zusammenhalt! Schon 2015/2016 haben die Kommunen die Flüchtlingsströme bewältigt und auch heute versorgen wir ukrainische Flüchtlinge mit Wohnraum. Die flüchtlingsbezogenen Ausgaben des Bundes von EUR 56 Mrd. in den Jahren 2022/2023 müssen bei den Kommunen und Vermietern auch ankommen! Für die Wohnraumversorgung sozial schwächerer Bevölkerungsschichten ist eine Erhöhung der  KdU-Sätze und damit eine Ausweitung der Finanzmittel erforderlich!

7. INVESTITIONSKOLLAPS VERHINDERN – DIE BAUWIRTSCHAFT STÄRKEN
Die Explosion der Baukosten, der rasante Zinsanstieg, das Fördermittelchaos des Bundes sowie die Energiepreisentwicklung bedeuten vielerorts das AUS im Wohnungsbau und von komplexen Sanierungsvorhaben. Die energetische Sanierung zur CO2 Reduzierung und die Schaffung barrierearmer Wohnungen gerät ins Stocken. Der
Bauwirtschaft in Sachsen-Anhalt fehlen Aufträge aus der Wohnungswirtschaft von jährlich 200 – 300 Millionen Euro, sodass eine verbesserte Fördermittelkulisse für die Wohnungswirtschaft hier stabilisierend wirken würde.

Jens Zillmann
Verbandsdirektor
Verband der Wohnungswirtschaft
Sachsen-Anhalt e. V.
Magdeburg im Juli 2023

Positionspapier-VdW-Sachsen-Anhalt 07/2023


Autor: VdW